Menschen:
klug und doch
gelähmt
01
Die Prophezeiung der drei
Schwerter
Vor langer Zeit regierte der alte König Orbis über ein grosses, wohlhabendes und friedliches Reich. Der König hatte drei Söhne, die sich in letzter Zeit immer häufiger um die Thronfolge stritten.
Um zu klären, wer sein Nachfolger werden soll, rüstete König Orbis die drei Prinzen mit magischen Schwertern aus. Eine alte Prophezeiung versprach, dass die Verleihung dieser Schwerter zu einem würdigen Nachfolger des Regenten führen werde.
Der König sprach: «Meine Söhne, nehmt diese Schwerter.
Meinem ältesten Sohn vermache ich das Schwert Humanus, das seinem Schwertführer grosse Klugheit bringt.
Mein zweiter Sohn soll das Schwert Pecunia erhalten, das seinem Besitzer grosse Kraft verspricht.
Und mein jüngster Sohn soll das Schwert Mostro führen, welches ihn zu einem beliebten Anführer machen wird.
Nun geht mit euren Schwertern auf Wanderschaft und lernt, diese zu beherrschen. Kehrt erst wieder zurück, wenn ihr das wahre Wesen eurer Schwerter kennt. Nach dieser Lehrzeit werden wir uns wieder an diesem Hof treffen. Und erst dann werde ich bekannt geben, wer von euch der kommende König ist.»
So zog der älteste Prinz mit seinem Schwert gen Norden. Bald schon bemerkte er, dass das Schwert ihn klug machte. Er konnte komplizierte Sachverhalte verstehen und fand schnell Lösungen für schwierige Probleme. Doch er stellte auch etwas anderes fest: Humanus liess ihn schwach und machtlos werden. Der Prinz war nicht in der Lage, das Schwert richtig zu führen, und musste sich vor Feinden verstecken. So konnte er seiner Klugheit nie Durchschlagskraft verleihen.
Der zweite Prinz zog gen Osten und spürte schon bald, dass sein Schwert ihn unglaublich stark, ja fast unbesiegbar machte. Mit Pecunia in seiner Hand wurde der Prinz jedoch auch unbeherrscht und böse. Er traf Entscheidungen, die ihn einsam und verhasst machten. Er wurde zu einer Person, die das Volk nicht als König wollte.
Der dritte Prinz zog gen Süden. Sein Schwert machte den Prinzen zu einem beliebten Anführer mit grossem Gefolge. Jedoch machte Mostro den Prinzen auch dumm und sorgte dafür, dass er seine Männer in gefährliche und missliche Situationen führte.
Als die Monate der Wanderschaft zu Ende gingen, rief der alte König seine Söhne zurück an den Hof. Die Prinzen fragten den König: «Wir alle haben durch unsere Schwerter neue Künste gelernt. Doch deren Vorteile waren immer nur die eine, positive Seite. Auch ein negatives Element gehörte untrennbar zum Wesen der einzelnen Schwerter. Nun hast du drei Söhne, von denen jeweils einer klug, stark und mächtig ist. Doch sind wir auch schwach, böse und dumm. Wen willst du nun zum neuen König ernennen?»
Der König legte seinem ältesten Sohn die Hand auf die Schulter. «Klugheit ist die mächtigste Kraft des Menschen und macht dich zum künftigen König. Doch nur mit den Kräften aller drei Schwerter kann unser Königreich weiterhin gedeihen. Ein guter König muss sowohl klug als auch stark und ebenso ein beliebter und guter Anführer sein. Doch die Klugheit meines ältesten Sohnes macht ihn zum Oberhaupt unter euch Prinzen.»
Der König blickte seinem ältesten Sohn tief in die Augen: «Siehst du nicht, dass die Stärken deiner Brüder deine grosse Schwäche aufwiegen? Wenn sie dir folgen, verlierst du deine Schwachheit und regierst klug, stark und mächtig. Du wirst mit deiner Klugheit dem Guten dienen, die Boshaftigkeit von Pecunia zügeln und dafür sorgen, dass dein jüngster Bruder beginnt kluge Entscheidungen zu treffen. Es wird deine Aufgabe sein, die Kraft der drei Schwerter zu vereinen. Schaffst du dies nicht, so wirst du scheitern.»
Der älteste Prinz schaute auf seine beiden jüngeren Brüder und sah deren Enttäuschung und Unwillen, sich der Klugheit von Humanus zu unterwerfen. Er bemerkte deren Neid, doch spürte er schon lange, dass seine Fähigkeiten ihn zum rechten Nachfolger des Königs machten. Nun stand er vor einer Herkules-Aufgabe, fehlten ihm doch die Kraft und Macht, seinen Anspruch durchzusetzen. Wie kann der Prinz nur die Kraft der drei magischen Schwerter vereinen und das Königreich in eine glorreiche Zukunft führen?